Donnerstag, 22. November 2007

Samstag, 6. Oktober 2007

Schulfrei!

Kaum zu glauben, heute ist es mir endlich gelungen, vom usbekischen Internet-cafe aus auf meinen Blog zuzugreifen!
Leider bleibt mir nur Zeit fuer eine kurze Nachricht.
Gestern war der letzte Tag unseres Usbekisch-Kurses...so wie es sich gehoert haben wir natuerlich auch eine Abschlussklausur geschrieben, war nicht sonderlich schwer und jetzt bin ich ganz froh, dass der Kurs rum ist. Jeden Tag von 9 bis 18 Uhr Unterricht, das war schon etwas anstrengend. Dieses Wochenende nehme ich mir noch ein bisschen Zeit fuer Samarkand und Umgebung und Montag frueh fahre ich mit Peter, Alp und Ebu ueber Tashkent ins Ferganatal. Das ist schon eine etwas, na sagen wir mal, konservativere Gegend. Da werd ich wohl vorher doch noch schnell heiraten muessen ;-)

Bin schon sehr gespannt, es soll sehr schoen sein, es gibt Berge und Pferde und wenn wir Pech haben, wird es schneien!

Jetzt muss ich schon wieder los, will noch auf den Bazar, zum Bahnhof und ausserdem Abschiedsgeschenke fuer meine liebe usbekische Familie kaufen!

Eure Karima-oj
(oj = Mond)

Dienstag, 2. Oktober 2007

Ich wuensche allen herzlichen Glueckwunsch, Gesundheit und ein langes Leben zum Tag des Lehrers...

...der war naemlich gestern! Eigentlich wollte ich die guten Wuensche auch gestern schon loswerden, aber leider sind genau in dem Moment, als beinahe alles getippt war, alle Computer im Internetcafe abgestuerzt.
Der Tag des Lehrers ist hier auch offizieller Feiertag, nur fuer uns galt das leider nicht, Usbekisch-Unterricht fand trotzdem statt, obwohl das gesamte Institut fuer Fremdsprachen ausgestorben war...trotz Baumwolle gibt es naemlich noch ein paar Studenten, die sich fuer teures Geld freigekauft haben.
Gefeiert wurde aber trotzdem, zum Mittagessen war ich naemlich zusammen mit drei Freunden zum Essen eingeladen und zwar bei Faizulla aka (aka=grosser Bruder, ist aber eine hoefliche Bezeichnung fuer jemand Aelteren),dem Gastvater von Peter (Bachtiyor dschon). Faizulla wird auch "das lebende Sprachlabor" genannt, denn ab und zu schaut er, uebrigens auch ein Dozent am Institut, in unserem Unterricht vorbei und springt mitten in der Sitzung auf und faengt an, laut, deutlich und mehrmals hintereinander Saetze auf usebkisch zu sagen, die wir dann alle brav nachsprechen.
Wie alle Usbeken wohnt auch Faizulla in einem einstoeckigen Haus mit grossem schoenen Innenhof. Als erstes wurde uns natuerlich mal das ganze Haus gezeigt und vor allem das neu renovierte Schlafzimmer des juengsten Sohnes begutachtet, der mit seiner Frau und seinen Kindern daheim wohnt (wie das hier traditionell ueblich ist).
Mit einer aeusserst aparten Inneneinrichtung, versteht sich von selbst oder?!
"Bitte ziehen Sie an den Schubladen!" "Bitte setzen Sie sich und probieren Sie die Matratze!" "Bitte sehen Sie die Kleider der usbekischen Frau!"
"Bitte fuehlen Sie die Tapete!" usw. usw.
Unsere Reaktion: "Oh", "Ah", "Jachshi!"(=gut), "Tshuda jachshi!" (sehr gut)
"Was meinen Sie, was hat Moebelgarnitur gekostet?" "2000 Euro?" "Nein, nur 600!" kam stolz die Antwort. Allerdings Vorsicht bei Preisangaben: man kann eigentlich immer 100prozentig sicher sein, dass die Usbeken hier untertreiben, denn man will sich ja von niemandem nachsagen lassen, dass man beim Feilschen uebers Ohr gehauen wurde...der wahre Preis bleibt also im Dunkeln.
Im Wohnzimmer stand schon ein reichgedeckter Tisch fuer uns bereit, ich hatte eigentlich eher mit einem einfachen Mittagessen gerechnet und ploetzlich erschien dann auch eine ganze Delegation zur Ehre der auslaendischen Gaeste: Buergermeister, Aerzte, Lehrer...die unser domla (domla = Lehrer) eingeladen hatte. Und ich mal wieder die einzige Frau, denn die Frau und Schwiegertochter von Faizulla waren natuerlich (!) in der Kueche mit Kochen beschaeftigt.
(Allerdings waren sie vermutlich auch ganz erleichtert darueber, denn die Geschlechtertrennung ist hier schon sehr ausgepraegt...gemischte Gruppen sind eigentlich kaum zu sehen und vor allem bei Festen bleibt man bzw. frau hauptsaechlich unter sich.)
Nach dem in Usbekistan ueblichen langatmigen Begruessungsgebrabbel ("Wie geht es Ihnen, wie geht es Ihrer Familie, wie geht es der Frau, wie geht es den Kindern, was macht die Arbeit usw.usf...antworten darf man darauf uebrigens nur eines: jachshi!) gings zu Tisch.
Essen gab es reichlich, Suppe, frisches Obst und Gemuese, Salate, Suessigkeiten und als Hauptgericht, wie es hier ueblich ist, den beruehmten Plov, der hier eigentlich "Osh" heisst. Natuerlich alles mit ordentlicher Fleischbeilage (nur das Beste fuer die Gaeste)...die von mir in unbeobachteten Momenten diskret in die Schuessel meiner Tischnachbarn befoerdert wurde!
Als allererstes und dann natuerlich in staendiger Wiederholung gab es aber vor allem eines: Wodka!
Und wer musste die erste Tischrede halten? Genau: Karima chon! Tja, was sagt man da? "Wir sind sehr dankbar fuer die grosszuegige Einladung, wir freuen uns, im schoenen Usbekistan und noch schoeneren Samarkand zu sein und auch ueber die grosse Ehre, die usbekische Sprache lernen zu duerfen, wir werden diesen Tag niemals vergessen usw....na zdorove!"
...natuerlich war ich nicht die einzige, tatsaechlich war jeder Gast mal dran...und wenn man jetzt noch bedenkt, dass bei jeder Rede (die uebrigens alle ungefaehr den gleichen Inhalt hatten...die deutschen bzw. tuerkischen Versionen eher minimalistisch, die usbekischen Trinksprueche ausgeschmueckt um nicht zu sagen langatmig...) ein Glas Wodka getrunken wurde, kann man sich vorstellen, wie gut unsere Laune nachmittags im Unterricht war.
Ansonsten hatte das Tischgespraech vor allem ein Thema:
"Liebe Gaeste aus Deutschland, was haben Sie gesagt, kostet die Schlafzimmereinrichtung?" "2000 Euro" "Mein Sohn hat alles fuer 600 Euro gekauft!" Reaktion der Delegation: "Oh!" "Ah!", "Jachshi jachshi!"
Angeben gehoert hier einfach dazu!
Da ich von allem Usbekischen leider nur einen Bruchteil verstanden habe, sass ich meistens grinsend am Tisch (verstaerk noch durch mehrere Glaeser Wodka), dennoch scheine ich damit bei der Delegation den besten Eindruck hinterlassen zu haben. Der Arzt hat mich zum Essen eingeladen und der Lehrer, der aussah wie Monaco Franze (usbekische Namen kann ich mir immer noch nicht merken, da muss man sich eben anders behelfen) kam extra um den Tisch, um mit mir anzustossen. Nebenher staendig ein schrilles Klingeln aus dem Mobiltelefon des Buergermeisters, nicht zu vergessen die lobenden Ohs und Ahs bezueglich dieser unheimlich guenstigen und geschmackvollen Schlafzimmereinrichtung!

So laeuft also eine Essenseinladung hier ab und die Gastfreundschaft und Warmherzigkeit der Usbeken (die zum grossen Teil uebrigens richtig arm sind) haut einen im wahrsten Sinne des Wortes um!
So sollte man den Tag des Lehrers eigentlich immer verbringen!

Donnerstag, 27. September 2007

Assalomu alajkum!

Oh nein, jetzt hat es mich doch erwischt: ich habe mir einen fiesen Magen-Darm-Virus zugezogen. Zur Situation oeffentlicher Toiletten in Samarkand will ich mich gar nicht erst aeussern, das an unserem Institut das Wasser einfach abgestellt wurde (sind ja eh alle in der Baumwolle!), spricht ja wohl fuer sich...das fette Essen hier traegt natuerlich sein uebriges dazu bei...und von Salzstangen hat in diesem Land wohl auch noch nie jemand gehoert ("Nein, bitte keine Chips, die nach Calamares schmecken!")

Dabei hat die Woche so gut angefangen und zwar mit einem erholsamen freien Wochenende...und wo geht man in Samarkand als erstes hin, wenn man freie Zeit hat? Genau, ins Fussballstadion!
"Dinamo Samarkand" gegen "Neftshi Buchoro" lieferten ein spannendes, taktisch und technisch reizvolles Match...naja, ehrlich gesagt habe sogar ich bemerkt, dass das Spiel eher langweilig und die Fussballer ziemlich schlecht waren. Aber interessant war es trotzdem...und aufgeregt war ich sowieso, kein Wunder, als einzige Frau im Fussballstadion! Fussball ist hier wohl nur Maennersache! Ich glaube, ein Flitzer auf dem Rasen waere weniger aufgefallen...obwohl wir vier uns wirklich alle Muehe gegeben haben, uns anzupassen: Sonnenblumenkerne (Suchtmittel Nr.1) im Mund, natuerlich immer die Samarkander anfeuern und bei jedem Tor vom Sitz aufspringen! Und es hat gewirkt: Samarkand hat 2:1 gewonnen...zum Glueck, denn vor dem Bus der gegnerischen Mannschaft stand schon ein Miliz-Sondereinsatzkommando, um eventuelle Uebergriffe zu verhindern.

Und wie feuern die usbekischen Fussballfans wohl ihre Mannschaft an? Leider ziemlich international, naemlich mit "Gol gol gol"! Etwas enttaeuschend, schliesslich hatten wir gehofft, unseren Wortschatz an diesem Tag um ein paar usbekische Flueche zu bereichern...

So, jetzt ist die zweite Woche schon beinahe vorbei und ich komme leider kaum dazu, meinen Blog zu fuellen geschweige denn, Bilder ins Netz zu stellen. Aber das wird spaetestens in Deutschland alles nachgeholt...am Wochenende geht es auch mal raus aus Samarkand, und zwar in eine schoene alte Stadt mitten in der Wueste: nach Buchara bzw. auf usbekisch Buchoro!

Donnerstag, 20. September 2007

Endlich der erste Blog-Eintrag

Leider kann ich immer noch nicht darauf zugreifen, aber ich habe eine Moeglichkeit gefunden, doch noch was zu posten (danke, Christoph!).

Ich weiss nun gar nicht, wo ich anfangen soll, denn es ist ja nun schon beinahe eine Woche vergangen seit meiner Ankunft in Uzbekistan, aber ich beginne gleich mal mit der Neuigkeit des Tages aus Samarkand: Alle Studenten sind weg! Die Uni ist leer, bis auf ein paar verrueckte Deutsche, die Uzbekisch lernen wollen...
Heute frueh herrschte vor unserem Institut (das Institut fuer Fremdsprachen von Samarkand) eine riesige Aufregung und tausende Eltern verabschiedeten ihre Kinder, alle bepackt mit Feldbetten, Matratzen, Bettwaesche (natuerlich in den apartesten Mustern, wie man sich vorstellen kann), eben allem, was man fuer ein bis zwei Monate Feldarbeit so braucht. Denn: alle Studenten von Samarkand muessen ohne Ausnahme auf die Baumwollfelder und bei der Baumwollernte helfen.
Baumwolle (in Uzbekistan auch "weisses Gold" genannt) ist hier das Hauptexportgut und dabei muessen eben alle mithelfen...jedenfalls alle Samarkander Jugendlichen, die Schueler und Studenten aus Taschkent bleiben aus irgendeinem Grund davon verschont. Ausnahmen gibt es keine, die Dozenten muessen in Listen ganz genau erfassen, wer erscheint und wer nicht, ansonsten muss eine "Shtraf" bezahlt werden.
Das heisst nun konkret: vier bis acht Wochen von morgens acht Uhr bis abends acht Uhr Baumwolle ernten ohne Bezahlung und ohne Wochenende!!!
Und dabei muss eine Norm erfuellt werden: jeder Student muss taeglich 50 Kilo (!!!) Baumwolle ernten. Wir haben heute morgen zum Abschied natuerlich gewunken und alle Kommilitonen hier schrecklich bedauert, aber...so traurig waren die nicht. Es herrschte eher eine froehliche Stimmung, als wenn es ins Sommerlager ginge. Und tatsaechlich wird dort nicht nur den ganzen Tag in der prallen Hitze (wie schon gesagt, momentan 37 Grad) geschuftet, sondern abends auch kraeftig gefeiert.
Zudem muss man wissen, dass es in der uzbekischen Gesellschaft zwischen Maennern und Frauen relativ, na sagen wir mal, "unlocker" zugeht...fuer viele stellt die Baumwollernte eine Moeglichkeit dar, "relativ" ungezwungen mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu kommen. Ueber ein bisschen Flirten wird das wohl trotzdem nicht hinausgehen. Angeblich wurden bei der Baumwollernte aber auch schon zahlreiche Ehen gestiftet!

Ich frage mich trotzdem, ob es gerecht ist, alle Jugendlichen ohne Entgelt so lange schuften zu lassen. Mir kommt es auch vor, als reproduziere sich dieses System selbst: die Dozenten waren frueher selbst alle bei der Baumwollernte und muessen heute ihre eigenen Studenten kontrollieren, scheinen damit aber kein Problem zu haben: eher im Gegenteil, frei nach dem Motto "was mir frueher nicht geschadet hat, kann den jungen Leuten heute nur gut tun." An Disziplin und Respekt mangelt es den jungen Menschen hier jedenfalls nicht...ob das natuerlich in solchem Masse erstrebenswert ist, ist die andere Frage.
Obwohl die meisten Leute sich sehr positiv an ihre Zeit bei der Baumwollernte erinnern (das selektive Gedaechtnis spielt dabei sicher auch eine Rolle?!), aeussern sich manche aber auch kritisch dazu. Viele Studenten, die ihre Norm nicht erfuellen, muessen z.B. auch ihr Stipendium von der Uni abgeben (obwohl das gerade einmal ca. 40 Dollar im Monat sind). Kinder aus reicheren Familien bezahlen oft Leute vor Ort, die dann fuer sie zum Baumwollpfluecken gehen.

Aber wie gesagt, das Land ist abhaengig vom Baumwollexport und anders scheint es nicht zu klappen...allerdings handelt es sich dabei um keine nachhaltige Landwirtschaft, den Baumwollanbau hat Uzbekistan noch dem Sowjetimperium zu verdanken.

So, das war eigentlich die Neuigkeit des Tages. Leider kommen die Studenten erst zurueck, wenn wir schon wieder weg sind. Viele nette Menschen, die wir bereits kennen lernen durften, mussten wir also bereits verabschieden, was sehr schade ist, denn die Leute hier sind wirklich einfach unglaublich nett!
Mehr ueber mein Leben hier, das Land und die Stadt gibt es dann beim naechsten Mal. Nur erstmal soviel: ich bin unglaublich froh, hier zu sein, das Land und die Kultur sind wunderschoen und faszinierend. Die Menschen sind sehr offen und freundlich. Es gibt allerdings auch viele Tabus, vor allem natuerlich zwischen Maennern und Frauen (davon ein andermal mehr). Vom tollen Wetter habe ich ja bereits vorgeschwaermt, jeden Tag Sonne und ca. 37 Grad, aber das kann man ja nicht oft genug wiederholen ;-)
Das Essen ist auch toll, auch wenn ich mir alles etwas schaerfer vorgestellt habe...aber als Vegetarier ist man in der Auswahl an Speisen natuerlich auch ziemlich eingeschraenkt. Meinem Bauch geht es auch noch ziemlich gut, andere dagegen sassen heute schon mit ziemlich gruenem Gesicht im Sprachkurs...also toi toi toi!

Uebrigens habe ich jetzt auch eine usbekische Handynummer:
00998 906013913

Jeder, der genaueres wissen will, darf mich natuerlich gerne anrufen...viel Glueck beim Durchkommen, denn auf das usbekische Mobilfunknetz kann man sich leider nicht wirklich verlassen...und nicht vergessen: hier ist es drei Stunden spaeter als in Deutschland!

Noch schnell das Motto des Tages:
"jachshi borib keling!
kuep pachta tering!"
(heisst ungefaehr soviel: "Gute Reise und ernte viel Baumwolle!"...fies oder?)

Eure Kathrin bzw. seit kurzem Karimachon

Dienstag, 11. September 2007

Noch zwei Tage und es ist soweit: Uzbekistan Airways bringt mich nach Tashkent! ... und es gibt sogar ein "vegetarian meal" für mich! (Zitat: "We will do it!") Man darf also gespannt sein...